Booklettext
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LES DEUX AMIS (Ansgar Krause und Thomas Müller-Pering)
play FOCUS CLASSICS
Es gibt wohl kaum ein Instrument des westlichen Kulturkreises, für das zu komponieren ähnlich schwierig ist wie für die Gitarre, insbesondere dann, wenn man das Instrument selbst nicht beherrscht. Zu idiomatisch sind auf der Gitarre die Griff- und Anschlagsmöglichkeiten, zu weitreichend die Einsatzmöglichkeiten der verschiedensten Flageolett-Töne, zu groß die Palette ihrer reichhaltigen Klangfarben und Ausdrucksmittel. Daher waren es zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausschließlich Gitarristen, die für ihr Instrument und für eigene Kanzerte komponierten oder Werke von anderen Instrumenten auf die Gitarre übertrugen und Transkriptionen anfertigten.
Im 16. Jahrhundert waren es überwiegend Vokalsätze, die auf Laute, bzw. Vihuela übertragen wurden im 17 und 18. Jahrhundert Tänze und Suiten und im 19. Jahrhundert zahlreiche Klavierwerke. Mit anderen Worten sie bearbeiteten jeweils die Musik der Epache. Ähnliche Ideen ließen auch uns seit Beginn unserer Zusammenarbeit im Jahr 1977 zahlreiche eigene Transkriptionen in unser Programm aufnehmen, so Werke des spanischen Romantikers und Frübimpressionisten Isacc Albéniz, Claude Debussy, Johannes Brahms.
Ein besonderer Reiz lag für uns jedoch immer in der Symbiose von klassischer Musik und Rockmusik der holländischen Gruppe FOCUS. Die Transkriptionen von Ansgar Krause beweisen unüberhörbar, wie fließend im Grunde die Grenzen zwischen der sogenannten U- und E-Musik sein können. Das liegt nicht zuletzt daran, daß Ansgar Krause sich in starkem Maße mit Mitteln der Polyphonie bediente, der Mehrstimmigkeit (Imitation, Kanon, Themenüberlagerung, Themenvergrößerung etc.), die vor rund 500 Jahren in den Niederlanden entstanden war und von der sogenannten franko-flämischen Schule entwickelt wurde. FOCUS haben in ihren Kompositionen selbst immer wieder auf Klassik- oder Renaissance-Themen und -Formen zurückgegriffen. Gerade deshalb drängte sich uns eine Art "Rückverwandlung" in klassische Gitarrenmusik auf.
Die musikalische Begegnung verschiedener Epochen und Stile findet einen abschließenden Höhepunkt in den Variationen über "Happy Nightmare". Der amüsante Titel hat uns ermutigt, am Aufnahmetag, der zufällig mit dem 300. Geburtstag von Joh. Seb. Bach (21. März 1985) zusammenfiel, das bekannte Bourée e-moll des vielleicht größten aller Komponisten in einer Variation mit zu verarbeiten. "Focus Classics" soll somit gleichzeitig eine Erinnerung an die großen Komponisten und deren Klangwelten sein, denen sich heute jeder Musiker verpflichtet fühlt.
Thomas Müller-Pering